T-Einspruch (1. Akt: Service-Hotline)
Der monatliche Blick auf die Mail mit der Telefonrechnung ist meist recht unspektakulär, da sie – dank Flatrate – immer nur um wenige Euro schwankt. Anders heute: 519, 22 Euro. Als falsch erwies sich leider der erste Gedanke, dass die Mail gar nicht von der Telekom stammt, sondern eine der typischen nachgemachten Versionen sein könnte, die nicht von rechnungonline@telekom.de kommen, sondern vielleicht von zweifelhaften Adressen wie rechnungxxxonline@telekom.cc.
Die Details der Rechnung verraten, dass ein Betrag von etwa 470 Euro auf “Sonstige Leistungen des Konzerns Deutsche Telekom” entfällt, konkret: Gamesload. Dort habe ich laut Rechnung innerhalb weniger Minuten sechsmal das Spiel “Simcity” und dreimal “Xbox Live 4200 Microsoft Points” heruntergeladen. Nun ist Simcity ein schönes Spiel, nur hat es mich zuletzt vor etwa fünfzehn Jahren in der Version “2000″ begeistert; was Microsoft Points für die Xbox sind, muss ich erstmal googlen. Natürlich habe ich mich nie bei Gamesload angemeldet, geschweige denn dort irgendetwas heruntergeladen.
Umgehender Anruf beim telefonischen Service, immerhin ist auch freitags nach 20 Uhr hier noch jemand erreichbar. Dies soll im Interesse eines fairen Berichts ausdrücklich hervorgehoben werden, denn wer weiß, wie viele weitere Gelegenheiten für Lob es in dieser Geschichte noch geben wird. Ich trage mein Anliegen vor, werde zunächst recht ruppig darauf verwiesen, die Details müsse ich schon selbst in meinem Konto nachschauen, da könne sonst niemand reinschauen. Mein Hinweis, nachdem der Ton minutenlang nicht einer Service-Hotline würdig ist sondern irgendwo zwischen Kasernenhof und Parteitag pendelt, weise ich daraufhin, dass mein Anruf ja keine persönliche Kritik an ihm, dem Mitarbeiter, sei und er bitte nicht so unfreundlich zu mir sein müsse. Schließlich müsse er doch besser wissen als ich, was zu tun sei. Das ist offenbar nicht der Fall, sodass das Gespräch damit endet, dass er mich an den Gameslod-Service weiterverbindet. Tatsächlich verbindet er mich in eine Warteschleife, die ich etwa 15 Minuten nebenher dudeln lasse (immerhin ist der Anruf kostenlos), um dann aufzulegen und neu anzurufen.
Der nächste erreichbare Mitarbeiter ist eine Mitarbeiterin. Sie ist bereits deutlich freundlicher, hört sich mein Anliegen an und nimmt dann souverän die übliche Rhetorik auf, die darin besteht, zunächst die Aussagen des Kunden zu ignorieren: “…ja, ich schaue mal in Ihre Rechnung, aha, hmhm, Sie haben hier zwischen 22h41 und 22h44 sechsmal Simcity heruntergeladen…” – “Nein, eben nicht!” – “…und außerdem noch etwas mit Xbox Live…” – “Auch nicht!” – “Ja bleiben Sie bitte mal einen Moment dran.” Nach wiederum etwa zehn Minuten Warteschleife habe ich beschlossen, dass die Dame entweder keine Lösung gefunden hat oder aber es im Telekom-Servicecenter eine spezielle Taktik zum Umgang mit komplizierten Fragen am Freitagabend gibt: Ablage W, “bitte bleiben Sie dran”.
Ein dritter Anruf bringt mich wieder an einen Mann, der trotz ähnlicher Stimme deutlich netter ist als der erste Ansprechpartner. Als Ergebnis aus allen Gesprächen nehme ich mit: Einspruch gegen die Rechnung ist aufgenommen, die Abbuchung wird dadurch um einige Wochen aufgeschoben. Alles weitere ist nur schriftlich zu regeln. Im übrigen wird mir eine Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei nahegelegt. Das finde ich insofern spannend, dass ich meine Vorurteile gegenüber Kriminalbeamten überprüfen kann, ob sie wohl in der Lage sind, eine potenzielle digitale Straftat kompetent aufzunehmen und zu bearbeiten und auch Begriffe wie “Router” oder “IP-Adresse” korrekt zu verwenden, ganz zu schweigen von den ominösen Xbox Live 4200 Microsoft Points.
Für den Durchschnittskunden prägt die Stimme an der Service-Hotline zu großen Teilen die Wahrnehmung des Unternehmens. Dass hier je nach Mitarbeiter die Unterschiede zwischen Anblaffen und Hilfsbereitschaft derart eklatant sind, ist überraschend und spricht nicht unbedingt für die Personalabteilung der Callcenter. Man hat außerdem das Gefühl, dass sich die Mitarbeiter selbst nicht mehr in der Vielzahl der Telekomprodukte auskennen. Das ist menschlich nachvollziehbar. Es ist aber allemal besser für die Geschäftsbeziehung zum Kunden, dies einzugestehen (“muss da selbst erstmal nachfragen”), als den Frust über die eigene Inkompetenz am Anrufer auszulassen (“Jetzt gehen Sie doch mal auf die richtige Seite! Nein, ich kann da nicht reinschauen, Sie sind ja angemeldet! Da kann ich Ihnen auch nicht sagen, wo Sie da hinklicken müssen. Kundencenter! Jetzt machen Sie doch mal. Auf Kundencenter klicken!”)
Im ersten Satz soll es wohl “dank Altkunden-Flatrate” heißen…
Ich vermute, Du spielst auf die Debatte um volumenbasierte Tarife an. Das ist allerdings eine andere, bei Gelegenheit gerne zu führende Diskussion, in der Dich meine Position vielleicht überraschen wird.
Ah, die Telekom. Immer eine Hotline wert … ist es in diesem Zusammenhang eigentlich hilfreich, wenn die Rechnungen auf eine Person laufen, an die sich niemand mehr so recht erinnern kann und deren Name man vom Türschild im Prinzip auch entfernen könnte?