Telefonisch von der Entscheidung unterrichtet
Es gibt zwei Gespräche, bei denen ich heute gern zugehört hätte. Das eine bleibt, wie jeden Abend, ein Rätsel: Was sagt die gestikulierende Nachrichtensprecherin nach den Tagesthemen zum lässig-interessiert blickenden Tom Buhrow, während die Kamera rausfährt? Das zweite Gespräch, floskelhaft als telefonische Unterrichtung der Frau Bundeskanzlerin vermeldet, konnte hingegen wie folgt rekonstruiert werden:
Bürochefin der Bundeskanzlerin: Frau Merkel, da ist ein Herr, äh, Moment, Köhler in der Leitung, der Sie dringend sprechen möchte.
Merkel: Köhler? Hat der einen Termin?
Büro: Soweit ich sehe nein, soll ich ihn abwimmeln?
Merkel: Worum geht es denn?
Büro: Das möchte er Ihnen persönlich sagen, es sei sehr wichtig. Er könne aber sonst auch zuerst Herrn Westerwelle…
Merkel: Nein, nein. Stellen Sie sofort durch!
Büro: Sofort.
Merkel: Merkel, guten Tag?
Köhler: Ja, hier ist das Bundespräsidialamt, Köhler am Apparat.
Merkel: Ach Herr Köhler, ja, lange nichts von Ihnen gehört. Zurück aus Afghanistan?
Köhler: Ja, deshalb rufe ich an.
Merkel: Mensch, das ist ja schön, dass Sie sich melden. Sie hätten mir ja ruhig mal eine Postkarte aus Masar-e Scharif schicken können!
Köhler: Diese Kritik entbehrt jeder Rechtfertigung. Sie können sich ja gar nicht vorstellen, was da los war, und so viele Soldaten! Sind Sie schonmal dagewesen?
Merkel: Immer nur kurz übers Wochenende. (Pause) Sie wollten mich sprechen?
Köhler: Ja. Wissen Sie, erinnern Sie sich an Roland Koch?
Merkel: Leider, ja, aber da ist ja nun bald Ruhe.
Köhler: Ja genau. Was ich Ihnen nämlich sagen wollte, also was Koch da vor einigen Tagen angekündigt hat…
Merkel: Moment, wenn Sie den zurückholen wollen, ohne mich! Den lassen Sie mal schön draußen aus der Politik.
Köhler: Aber nein, das wollte ich doch gar nicht. Ich bedaure, wenn es in dieser Frage zu Missverständnissen kommen konnte. Es ist nur so…
Merkel: Ja nun sagen Sie schon.
Köhler: Es war mir eine Ehre.
Merkel: Wie bitte?
Köhler: Entschuldigung, ich bin in der Zeile verrutscht.
Merkel: Lesen Sie beim Telefonieren immer ab?
Köhler: Dies gebietet der notwendige Respekt für mein Amt.
Merkel: Hören Sie, ich plaudere sehr gerne mit Ihnen, man hört ja auch so selten von Ihnen, aber ich muss noch einige wichtige Telefonate führen, Sie wissen schon, Israel.
Köhler: Sicher, vielen Dank, dass Sie mir etwas Zeit geschenkt, mir Ihr Vertrauen entgegengebracht und meine Arbeit unterstützt haben.
Merkel: Ist doch selbstverständlich, so von Verfassungsorgan zu Verfassungsorgan. Haben Sie noch etwas auf dem Herzen?
Köhler: Frau Merkel, ich erkläre hiermit, dass ich den Hörer des Bundespräsidialamtes jetzt auflegen werde — mit sofortiger Wirkung!
Merkel: Ich akzeptiere Ihre Entscheidung. Auf Wiederhören.
oh, das ist so schön! ich musste sehr kichern.
[...] schon wieder”, habe die Regierungschefin in Erinnerung an Ende Mai 2010 verlauten lassen (berichtenswert berichtete), zumal es ja nicht leichter geworde sei: “Wen sollen wir denn jetzt noch vorschlagen?” [...]